Das Duppauer Gebirge heute - Das Kaadner Land

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Die Stadt Duppau
Das Duppauer Gebirge heute

auszugsweise entnommen der Internet- Seite "Die verschwundenen Sudeten"
Hügel, Dickicht und Gebüsch. Ein Land ohne Menschen. Nur ein paar Ruinen erinnern daran, dass hier vielleicht einmal jemand gelebt hat - eine verlassene Gegend mit den Spuren einstiger Besiedlung und in die Kulturlandschaft eindringende Wildnis. Der größte Teil der Infrastruktur in und zwischen den Ortschaften ist verfallen und nicht benutzbar.
Die Gegend um Duppau war bis zum Jahre 1945 vielleicht der am geringsten besiedelte Raum in Böhmen in welchem der überwiegende Anteil der Bevölkerung Deutsche waren. Nur ungefähr ein Prozent Tschechen lebten hier im Jahre 1930. Nach der Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus ihrer jahrhundertelang angestammten Heimat zeigte sich dann, möglicherweise mehr als anderswo sonst, der Verlust der Erinnerung und die damit zusammenhängenden Probleme bei der Pflege der ererbten Kulturlandschaft. Auch die gerade erst hierher umgesiedelten neuen Bewohner mussten nach knapp acht Jahren aufgrund des militärischen Interesses an diesem Gebiet wieder wegziehen. Insgesamt wurden in diesen ereignisreichen Nachkriegsjahren, in denen man nur wenig auf einzelne menschliche Schicksale Rücksicht nahm, 17000 Leute vertrieben.
Das Duppauer Gebirge gehörten bis zum Jahre 1953 zu den sehr armen Agrarlandschaften. 1921 lebten hier 15 149 Menschen in 17 Gemeinden und der Stadt Duppau. Es standen hier 2 725 Häuser. Die Landschaft des Duppauer Gebirges erschien seit dem Mittelalter bis in die Gegenwart ein bisschen wie ein vergessener Winkel Böhmens, mit verstreutem, vor allem von Deutschen bewirtschafteten Bauernhöfen. Der eindeutige Einfluss der deutschen Kultur war hier nicht zu übersehen. Unter den reizvollen, von Menschen bearbeiteten Hängen, duckten sich in den Tälern kleinere Dörfer.
In dieser lieblichen Berglandschaft war eine landwirtschaftliche Bearbeitung der Felder, Obstgärten und eine Weidewirtschaft mit einer ausgezeichneten Qualität der Viehzucht möglich. In den Bergen wurde, ähnlich wie woanders auch Holz gefällt und auf den vorwiegend steinigen und weniger fruchtbaren Flächen gelang es noch Roggen, Kartoffeln und die sehr guten Sorten des "Duppauer" BergHafers anzubauen. Auch Hopfen und Gemüse gediehen hier vorzüglich und die hiesige Bienenzucht war berühmt. In den Tälern und den vor Nordwinden geschützten Lagen wuchs verschiedenes Obst, von dem die verbreitetste Art die Hauspflaume war. Noch heute sind im Duppauer Gebirge an den Hängen die charakteristischen Reihen von Obstbäumen auszumachen. Ihre weißen Blüten machen im Frühjahr darauf aufmerksam, dass hier einst Menschen lebten. Einen wesentlichen Anteil am Lebensunterhalt der einstigen Einwohner hatten verschiedene Gewerbe, vor allem die Weberei, welche durch den örtlichen Leinenanbau gefördert wurde.
Das Leben in dieser Gegend wurde wesentlich vom Klima beeinflusst, ein sehr warmes und trockenes. An der Ostseite des Gebirges bilden sich fast halbsteppige Flächen heraus, die gesetzlich geschützt sind. Diese Orte gehören, dank des Regenschattens südlich des Erzgebirges und der Erwärmung der in Richtung Duppauer Gebirge absinkenden Luft, zu den wärmsten überhaupt in Böhmen. Gerade das Klima hat einen entscheidenden Einfluss auf das hiesige spezifische Landschaftsbild. In den trockensten, östlichen Teilen des Gebirges findet sich auch der Burgberg mit einer nachweisbaren prähistorischen Siedlung. Denn diese Fläche hatte eine eigene Trinkwasserquelle genau auf dem Gipfel (Burberg, tschech. Uhost). Gerade hier befand sich vielleicht die legendäre Wogatisburg, wo die Slawen einst mit den Franken kämpferisch zusammenstießen.

Alte, knorrige Bäume
Der Linzbach
Das Gebiet war reich an Mineralquellen, was mit der geologischen Entwicklung der Duppauer Berge zusammenhängt, die in ihrer Gesamtheit der Überrest eines einzigen Vulkanes mit ähnlichen Ausmaßen wie der Ätna sind. Die Lava schuf im Erzgebirgsvorland einen Teil des damaligen Bergfußes. Im zentralen Teil des Gebirges blieb nach der Explosion des Vulkanes das ovale Becken des einstigen Kraters mit einem Ausmaß von ungefähr fünf Kilometern zurück. Sein "Auge" liegt auf einer Höhe von ungefähr 550 m über dem Meeresspiegel und die ihn umgebende Hügelkette ragt 700 bis 934 m hoch auf.
Solch längst vergangene Ereignisse in der Entstehung der Landschaft kann der Mensch hier nachvollziehen. Genauer gesagt, er könnte sie nachvollziehen, wenn aus einem Teil dieses Gebirges nicht das militärische Sperrgebiet "Hradište" geworden wäre. Dies bedeutete das endgültige Ende der langen Entwicklung des hiesigen Landschaftsraumes und seiner Besiedlung. Dies bedeutete die vollkommene Vernichtung der zweitausend Einwohner zählenden Kreisstadt Duppau, einschließlich dreier Kirchen, einer Klosteranlage, des Friedhofes und damit ihrer ganzen Kulturgeschichte. Die im 14. Jahrhundert gegründete Stadt wurde zum Zielpunkt militärischer Übungen auf dem Kampfplatz eines virtuellen Krieges und verschwand so unwiederbringlich vom Erdboden. Es verschwanden mit ihre Denkmale, Zeugen der Geschichte, technische und kulturelle Leistungen unserer Vorfahren. In den 60er Jahren fanden hier sowohl Übungen der Luftwaffe als auch der Bodentruppen unter Einsatz von scharfer Munition statt. Mit der Zerstörung der Reste dieser alten Stadt hatten die Soldaten dann kein großes Problem mehr. Die Statistik aus dem Jahre 1991 gibt an, dass auf dem Übungsplatz von den ursprünglich zweieinhalbtausend Häusern, die 15 00 Menschen ein zu Hause gaben, 616 Bewohner in 102 Häusern übrigblieben. Spurlos verschwanden so aus dem Gebiet um Duppau 67 Gemeinden, Ortschaften, Einsiedeleien und Höfe mit ihrem Netz von Pflasterstraßen und Bergwegen, welche heute irgendwo im Gelände verborgen sind, nur hier und da durch die typischen sie begleiteten Eschenalleen auszumachen.

Als militärisches Sperrgebiet unterliegt die Gegend der Isolation und rundherum entstand eine neue Peripherie, in der die Entwicklung der hiesigen Gemeinden ökonomisch stagnierte. Lediglich in dem Badeort Giessing blieben eine Zeit lang normale Lebensbedingungen erhalten. Hierher kamen vor dem Krieg viele Sommertouristen, und es war eines der berühmtesten westböhmischen Rehabilitationszentren. Nichtsdestotrotz war dieser Ort, genau so wie die anderen Gemeinden im Sperrgebiet, zum Untergang verurteilt. Nach vierzigjähriger Isolation ist die Gegend um das ehemalige Duppau nun unter ökologischen Aspekten interessant geworden, denn eigenartiger Weise ist der negative Einfluss der Militärübungen aus dieser Sicht zweitrangig. Aber wertvoll wurde die nahezu vollkommene Isolation des Gebietes, ohne Massentourismus, Industrie oder intensive Landwirtschaft mit dem Einsatz von Düngern und Pestiziden, die auf einem Teil der Fläche die natürliche Entwicklung von Biotopen förderte. Es auch wenig bekannt, dass hier die Mineralquellen Mattoni und Korunní liegen, die glücklicherweise in der ganzen Zeit der Militärübungen keine Beeinträchtigungen und Schäden erlitten. Der Anteil des Waldes in diesem Gebiet erhöhte sich von den ursprünglich 25 % auf zur Zeit 38%.
Heute ist dieser Truppenübungsplatz mit 330 qkm das größte Militärgelände in der Tschechischen Republik. Da es nach 1990 zu umfangreichen Veränderungen in der Armee kam, wurde es auch möglich, dieses Gebiet mit einer beantragten Erlaubnis zu besuchen. Und man begann auch Überlegungen darüber anzustellen, was mit diesem einzigartigen ökologisch wertvollen Raum weiter passieren sollte, damit soviel wie möglich vom Naturreichtum dieser Landschaft erhalten bliebe. Es begann ein Kampf darum, wenigstens die bisherigen Vorteile für dieses, im 20. Jahrhundert einer unbarmherzigen Entwicklung unterlegenen Gebietes, zu erhalten. Der Bürgerverein "Klub der Freunde der Duppauer Berge" entstand, welcher Informationen über diesen Naturraum zu sammeln begann, alternative Flächennutzungspläne erarbeitete und touristische Wege auswies und markierte. Kurz gesagt, man bereitete sich auf den Fall vor, dass die Armee das Gelände verlassen würde. Das wichtigste Ziel des Vereins war die Schaffung eines Nationalparks zum Schutz dieser einzigartigen Landschaft, denn es ist heute der größte unbesiedelte und verlassene Raum in Europa.

Nach vierzigjähriger Isolation und dank des ökologisch vorteilhaften "Schutzes" durch das militärische Sperrgebiet, entstand inmitten des Duppauer Gebirges eine Fauna und Flora mit seltenen Arten. Das Symbol dieser Berge ist die Küchenschelle. Die Einzigartigkeit dieser Gegend, die mittlerweile unter Ökologen einen legendären Status erreichte, ist die Folge des hiesigen Lokalklimas. Hier hat sich eine halbsteppige Vegetation herausgebildet. Das Landschaftsbild, der Duft und die Geräusche erinnern vor allem im Sommer sehr an ähnliche Gebiete in Afrika, wie den Krüger-Nationalpark. Wenn an einem heißen Tag Millionen von Heuschrecken zirpen, ein paar Schwarzstörche vorbeifliegen und sich das vergilbte hohe Gras im Wind wiegt, hat man das Gefühl im nächsten Moment könnte sich ein Löwe nähern. Dieser Eindruck wird von der Verlassenheit und dem Fehlen jeglicher traditioneller Wege hervorgerufen. Hier muss sich der Mensch einen Pfad durch die Wildnis bahnen und auch die Orientierung wird nicht durch irgendeinen festen Punkt erleichtert, da die Vegetation die Sicht versperrt.
Überlegungen über die Zukunft dieser Region lassen auch nicht die Möglichkeit einer Wiederbesiedelung aus. Aber in welcher Art und Weise sollte das Leben, die Siedlungen und die Wirtschaft hierher zurückkehren? Vorzuziehen wären kleinere, ökologisch wirtschaftende Bauernhöfe. Das Vieh könnte in der freien Landschaft grasen und die einst bearbeiteten Flächen wären so erneut genutzt. In der zweiten Hälfte der 90er Jahre wurden aber ganz andere Pläne für das Duppauer Gebirge bekannt. Es entstand die Idee, hier den größten europäischen Vergnügungspark zu bauen, was sich glücklicherweise als nicht realisierbar herausstellte.
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Die Gegend um Duppau öffnet sich zwar wieder dem normalen Leben, aber man kann sagen, dass die Übungen der Armee immer noch ein kleineres Übel sind, als es die weniger umfangreiche aber konzentrierte Arbeit von Firmen und Betrieben wäre, würde dieses Gebiet für die Öffentlichkeit geöffnet. Ob hier tatsächlich einmal in einem bestimmten Umfang Besucher zugelassen sein werden, wissen wir nicht. Aber wir hoffen, dass man in diesem Fall nicht den Schutz des hiesigen einzigartigen Naturreichtums vergisst.
Die Natur hat
die schönsten Farben
Pestwurz in der Blüte. Pestwurz wächst
an feuchten, dauernassen Standorten
Blick auf Kaaden
Duppau Friedhof
Duppau: Treppe zum
Obergymnasium
Die Walkmühle
 
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