„Die Natur hat sich hier erheblich verändert. Bevor diese Gegend verlassen wurde, war hier eine vielfältige Landschaft mit Wäldern und Wiesen. Als die Leute gezwungen wurden, ihre Häuser zu verlassen, hatte die Natur plötzlich freie Hand. Im Grunde kann man sagen, dass die Natur hier gewonnen hat. Die Dörfer sind sehr schnell von Wald überwuchert worden, genauso wie die Felder“, so Vojta.Wo noch bis in die 1950er Jahre Felder waren, wachsen jetzt Sträucher und junge Bäume. In den Ruinen verlassener Bauernhöfe wuchern Holunderbüsche, ehemalige Dörfer sind komplett im Wald verschwunden. Eines von ihnen ist das Dorf Lipoltov, das die Sudentendeutschen „Lappersdorf“ nannten. Es existieren noch alte Landkarten des Duppauer Gebirges, eine zeigt Lipoltov im Jahr 1942.
"Hier ist Lipoltov. Wir sind diesen Weg hochgelaufen. Hier war das erste Haus, wo wir den Brunnen gesehen haben. Dort sind wir hochgelaufen. Und hier müsste dieses Kreuz sein. Daneben ist eine Wasserfläche, sie wurde früher als kleines Becken für die Feuerwehr genutzt. Das ist auch ein interessanter Ort, weil dort heute immer noch Feuchtwiesen sind. Dort leben Amphibien. Die Pflanzen dort sind auch ziemlich schön.“
Biologe Jaroslav Vojta steht in einem Bauernhaus in Lipoltov. Es ist die letzte Ruine in dem verlassenen Dorf, das zu Beginn des Zweiten Weltkriegs noch 205 Einwohner hatte. Nur noch die Außenwände und ein kleiner Keller unter dem Waldboden sind von dem zweistöckigen Gebäude übrig geblieben. Fast gespenstisch steht es mitten im Wald.„Dort steht eine junge Ulme. Sie sieht sehr gesund aus. Und hier ist ein Bergahorn. Das sind Pionierpflanzen, die als erstes in den Ruinen wachsen. Dort steht eine Salweide. Es ist ein ziemlich großer Baum, wahrscheinlich ist er so 30 oder 40 Jahre alt. Hier ist eine Birke, die wegen des basaltischen Bodens sehr selten vorkommt. In dieser Gegend kann man sie hauptsächlich in den Ruinen antreffen oder dort, wo die Soldaten üben. Dort ist die Konkurrenz durch stärkere Bäume nämlich nicht so groß. Hier steht ein Holunder, der ist auch typisch für die Ruinen. Aber das sind alles kurzlebige Gewächse. In ein paar Jahrzehnten wird hier also ein wirklich schöner Schuttwald mit Eschen und Bergahornen entstehen.“
Der ehemalige Dorfbach fließt immer noch an einem alten Pfad entlang. Früher spielten hier Kinder in Obstgärten, Kühe grasten auf den anliegenden Weiden, und die Bäuerinnen legten Blumenbeete an. Die Blumen – sie sind vielleicht das letzte Erbe der Sudentendeutschen, ein lebendiges Relikt vergangener Zeiten.